Die Ethos Stiftung begrüsst und unterstützt die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen der Verordnungen über die Eigenmittel und die Liquidität der Banken. Sie ist jedoch der Ansicht, dass die Reform der zusätzlichen Eigenmittel (AT1) unvollständig bleibt. Ethos fordert den Bundesrat auf, die Revision der Vorschriften in einem nächsten Schritt zu vertiefen und Alternativen zu prüfen, einschliesslich der Abschaffung der AT1-Instrumente.
Ethos unterstützt die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Grossbanken und des Finanzsystems. Besonders begrüsst werden dabei die vorgesehenen Erhöhungen von Quantität und Qualität der Eigenmittel sowie der Liquidität systemrelevanter Institute. Heute veröffentlicht Ethos ihre Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung zu den Änderungen der Eigenmittel- und Liquiditätsverordnung für Banken, die derzeit vom Eidgenössischen Finanzdepartement durchgeführt wird.
Diese regulatorischen Anpassungen bilden den ersten Schritt einer Reform, die nach der Krise und dem Zusammenbruch der Credit Suisse angestossen wurde. In Kontinuität mit ihrem langjährigen Engagement setzt sich Ethos für eine Stärkung der hochwertigen Eigenmittel ein, sowohl auf regulatorischer Ebene als auch in ihrer Rolle als Aktionärin und Vertreterin der Aktionärinnen und Aktionäre systemrelevanter Banken. Eine solche Stärkung leistet einen wesentlichen Beitrag zur Prävention künftiger Krisen.
Vorbehalte hinsichtlich der AT1-Instrumente
Ethos äussert jedoch Vorbehalte gegenüber der Ausgestaltung der zusätzlichen Eigenmittel, den sogenannten «Additional Tier 1»-Instrumenten (AT1). Diese sollen im Falle einer finanziellen Notlage die Verluste einer Bank durch Abschreibung oder Umwandlung in Aktien auffangen. Sie bergen jedoch Risiken, die im Entwurf des Bundesrats nach Ansicht von Ethos nicht ausreichend berücksichtigt werden.
Die parlamentarische Untersuchungskommission zur Credit Suisse-Krise betonte in ihrem im Dezember 2024 veröffentlichten Bericht: «Für die PUK erscheint es daher unabdingbar, die Funktion der AT1-Anleihen kritisch zu prüfen und die relevante Gesetzgebung allenfalls anzupassen.»
Ein falsches Signal und die Gefahr einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung
Im Entwurf des Bundesrats werden die grundlegenden Risiken im Zusammenhang mit AT1-Instrumenten nicht ausreichend thematisiert. Ihr Nutzen für die Sicherstellung der Fortführung der Geschäftstätigkeit einer Bank («Going Concern») bleibt ungewiss. Tatsächlich besteht ein reales Risiko, dass der Einsatz solcher Instrumente die Schwierigkeiten einer Bank sogar verschärfen könnte.
Eine Unterbrechung der Couponzahlungen, eine Amortisation oder eine Umwandlung dieser Wertpapiere in Aktien, sei es bei Eintritt der vorgesehenen Bedingungen oder auf Verlangen der Behörden, könnte eine Vertrauenskrise auslösen. Dies könnte zu massiven Einlagenabflüssen und Verkäufen der Wertpapiere auf den Finanzmärkten führen und die Liquiditätskrise so weiter verschärfen. Der Konkurs der Credit Suisse im März 2023 hat gezeigt, wie schnell ein solcher Vertrauensverlust eine Bank schwächen kann. Damit wird das eigentliche Ziel der AT1-Instrumente untergraben, die im Verordnungsentwurf angeführt werden, nämlich die Stabilität und Fortführung der Geschäftstätigkeit der Bank zu sichern.
Aus Sicht institutioneller Investoren können AT1-Instrumente im Vergleich zu traditionellen Anleihen attraktive Renditen bieten, insbesondere in einem Umfeld niedriger Zinsen. Ihr Risikoprofil ähnelt jedoch eher dem von Aktien ohne Stimmrecht. Mit AT1-Papieren wird die Anlageklasse der Anleihen potenziell auf wenig transparente Weise durch aktienähnliche Produkte verwässert. Einige Vorsorgeeinrichtungen haben erst zum Zeitpunkt der Krise und der vollständigen Abschreibung dieser Wertpapiere festgestellt, dass AT1-Anleihen der Credit Suisse Teil ihrer Anleihenportfolios waren.
Empfehlungen von Ethos
Ethos fordert den Bundesrat auf, die Vorschriften zu den zusätzlichen Eigenmitteln systemrelevanter Banken grundlegend zu überarbeiten. Dabei sollten insbesondere Alternativen zu AT1-Instrumenten geprüft werden, einschliesslich ihrer Abschaffung und ihres Ersatzes durch «hartes» Eigenkapital.
Gleichzeitig sollte der Bundesrat das Eidgenössische Finanzdepartement beauftragen, die Diskussionen über die Reform der AT1-Instrumente auf internationaler Ebene aktiv voranzutreiben.